Die Familie von Rollingen
Artikel aus dem Tageblatt 1943-07-08
Die Familie von Rollingen.
Ihre Bedeutung für die Geschichte des Hauses Simmern und Ansemburg.
Der Gründer des z weiten Zweiges der Familie von Rollingen im Eischtal war der Ritter Georg, Bruder von Johann II. Er war Herr von Dagstul, Bensdorf, Rollingen; er besaß die Herrschaft Craenendonck, sowie die Hälfte von Simmern und Milberg, während die andere Hälfte dieser beiden letzteren Herrschaften auf Johann II. überging. Manche Ehrenstellen wurden dem Ritter Georg zuteil. So war er Propst von Luxemburg und Diedenhofen. Beim Herrscher des Landes stand er in großen Ehren; der damalige Herrscher übertrug ihm die Statthalterschaft (Truchseß) des Herzogtums Luxemburg und der Grafschaft Chiny. Zu seiner Lebensgefährtin hatte Georg das Edelfräulein Anna von Kastel erkoren, das ihm einen Sohn schenkte mit Namen Johann V.
Als einziger Sohn und Erbe fiel dem Ritter Johann V., nach dem Tode seines Vaters, unter anderem die Hälfte von Simmern zu, und durch seine Heirat mit Margareta von Sassenheim kam er auch inden Besitz der Herrschaft Anse mburg, wo seine Nachkommen fortlebten bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Zur Herrschaft Ansem-burg gehörten die Dörfer Ansemburg, Keispelt und Meispelt. Wenn Johanns Vater und Oheim hohe, Ehrenstellen einnahmen, so war dies nicht der Fall für diesen Herrn von Ansemburg, der nur einfach Beisitzer des Adelsgerichtes war. Auch wäre er uns nur wenig bekannt, wenn sein Name nicht in zwei wichtige Prozesse verwickelt gewesen wäre Im Namen seiner Gemahlin Margareta fordert er nämlich, im Jahre 1466, von Johann von Bolchen- Herrn zu Zolwer, die Entrichtung einer jährlichen Rente von 55 Maltern Weizen, 17 Maltern Hafer, 3 Ahmen Wein. 10 Pfund Denare und 2 Schweinen. Da aber der Herr von Zolwer sich weigerte, kam die Sache vors Adelsgericht. Hier behauptete der Kläger, die fragliche Rente sei früher seinem Schwiegervater Robert von dem Vater des Ange klagten entrichtet worden, und es bestehe hierüber eine Urkunde. Der Herr von Zolver gab vor, die betreffende Rente sei nie entrichtet worden. Hier- auf erkannte das Gericht dem Herrn von Ansemburg die Rente von 17 Maltern Hafer zu, wies ihn aber mit den übrigen Forderungen. ab. In dem zweiten Prozess handelt es sich um das Recht der hohen Gerichtsbarkeit. Im Jahre 1471 ließen Johann V. und sein nachbezeichneter Sohn Wilhelm II. die Leiche der Frau des Müllers Thielmann von Redingen a. d. Attert, welche Selbstmord verübt hatte, zu Simmern an den Galgen hängen. Da aber Redingen zu jener Zeit unter der Gerichtsbarkeit des Propstes von Arlon stand, machte dieser seine Rechte geltend und lud die beiden Herren von Rollingen vor den Provinzialrat zu Luxemburg. Die Beschuldigten gaben an, der Vorfall habe sich während ihrer Abwesenheit ereignet, und die Exekution sei durch ihren Amtmann und ihre Untertanen vollzogen worden, ohne dass diese von ihnen dazu ermächtigt worden wären. Auch behaupteten sie, das Ereignis habe in der Herrschaft Simmern stattgefunden, über deren Bewohner ihren Ahnen die hohe Gerichtsbarkeit zuerkannt worden sei. Sie hätten übrigens in Redingen schon öfters von der Obergerichtsherrlichkeit Gebrauch gemacht, selbst in demjenigen Hause, wo der fragliche Fall vorgekommen sei. Obgleich der Ausgang des Prozesses uns unbekannt ist, so ist doch zu vermuten, dass die Herren von Rollingen verurteilt wurden, denn als sie aufgefordert wurden, ihre Aussage durch Belegstücke zu beweisen, waren sie gewiss nicht in der Lage. dies zu tun, da Graf Johann der Blinde, im Jahre 1312, den Herren von Simmern sowie deren Nachkommen und Erben die hohe Gerichtsbarkeit nur über die Bewohner der Pfarrei Simmern gegeben hatte, es müsste denn sein, dass die Herren von Rollingen die Urkunde von 1339 vorgezeigt hätten, laut welcher die hohe Gerichtsbarkeit über die Untertanen der ganzen Herrschaft ausgedehnt wurde und das Gericht diese für richtig gefunden hätte, obgleich sie, wie durch van Werveke nachgewiesen wurde, auf einer Fälschung beruht.
Johann V. starb zwischen 1471 und 1476. Sein Sohn Wilhelm II wählte im Jahre 1491 zu seiner Lebensgefährtin Elisabeth von Fels. Wie bereits erwähnt wurde, hatte Wilhelm sich die hohe Gerichtsbarkeit über die Einwohner von Redingen widerrechtlich angemaßt. Desselben Vergehens machte er sich später noch zu Keispelt schuldig, wo die Obergerichtsbarkeit dem Propste von Luxemburg zustand. Um seine Rechte aufrecht zu erhalten, lud dieser den Herrn von Ansemburg vor den Provinzialrat, der sich 1525 zu Gunsten des Propstes aussprach. Sein Sohn Bernard wurde sein Haupterbe. Er kam in den Besitz der Herrschaft Ansemburg, eines Viertels von Simmern, sowie eines Teiles von Dagstul, Rollingen und Milberg. Wie sein Vater war er Beisitzer im Adelsgericht. Er lebte noch 1554, in welchem Jahre er jedoch zum letzten Mal in den Urkunden erwähnt wird. Von seinen Kindern ist besonders bekannt Jakob II. Jakob II. vermählte sich am 2. März 1564 mit Margareta von Bettstein in Lothringen. Zu den bedeutendsten Besitzungen, die ihm sein Vater hinterlassen hatte, fügte Jakob noch andere hinzu, unter denen wir vor allem die Herrschaft Körich erwähnen wollen.
die Herrschaft Körich
Nachdem Jakob in den Besitz von Körich gekommen war, gedachte er hier seinen bleibenden Wohnsitz zu nehmen, aber das alte Grewenschloß, das von unserm Grafen Siegfried (950) herstammen soll, fand er nicht nach seinem Geschmack. Dasselbe hatte im Laufe der Zeit durch Krieg und Belagerung viel zu leiden gehabt, war ziemlich verfallen, und den früheren Besitzern besonders den unmittelbaren Vorgängern Jakobs, war es unmöglich gewesen, dasselbe wieder instand zu setzen. Deshalb ließ der Rollinger Herr die altehrwürdige Burg niederlegen und ein neues sehr geräumiges und ziemlich modernes Schloss errichten, von dem die heutigen Ruinen herrühren. Wenn Jakob auch auf die Vergrößerung seines Vermögens und die Verschönerung seines Haushaltes bedacht war, so verlor er dennoch das Wohl seiner Heimat nicht aus dem Auge. Folgende zwei Begebenheiten seines Lebens liefern hierzu einen trefflichen Beweis.
Im Jahre 1577 hatte Luxemburg Einquartierung von deutschen Truppen, die unter der Führung des Generals Frundsberg und des Obristen Karl Fugger standen und sieben Fähnlein von je 200 bis 300 Mann bildeten. Den Truppen war seit längerer Zeit kein Sold mehr verabreicht worden. Hierauf verpflichtete sich Jakob von Rollingen mit Johann von Wilz und den Städten Luxemburg und Arel, die Summe von 65 000 Gulden rückständigen Soldes an das im Dienste des Kaisers stehende Fuggersche Regiment zu zahlen. In der Nacht vom 24. November 1597 versuchten die Franzosen, unter Anführung des Marschalls Biroh, die Stadt Luxemburg einzunehmen. Da die Besatzung der Stadt in diesem Augenblick nicht stark war, griffen die Bürger selbst zu den Waffen. An ihrer Seite kämpften unter andern Jakob von Rollingen und Christoph von Criechingen, beide Herren zu Simmern, die sich durch ihre Tapferkeit auszeichneten und somit zur Vereitelung von Birons Plan und zur Rettung des Landes rühmlichste beitrugen. Es ist demnach zu begreifen, dass Jakob in hohem Ansehen stand bei dem Grafen Peter-Ernst von Mansfeld, dem damaligen Gouverneur des Luxemburger Landes. Er ernannte den Herrn von Rollingen zum Propst von Ayel. Nachdem Peter Ernst von Mansfeld auf Lebenszeit die Nutznießung der nassauischen und oranischen Güter im Herzogtum erhalten, ernannte er ihn' zum Unterverwalter. Nach dem Tode des Herzogs von Parma übernahm, einer königlichen Verordnung gemäß, der Graf von Mansfeld die interimistische Statthalterherrschaft der Niederlande und ernannte unmittelbar nach seiner Erhebung Jakob von Rollingen zu seinem Stellvertreter im Herzogtum Luxemburg. Bereits 1560 wird Jakob als Mitglied des Provinzialrates zitiert. Im Jahre 1588 wurde er zum Präsidenten des Provinzialrates ernannt und am 22. März 1590 zum Ritterrichter. Diese beiden Ämter bekleidete er bis zu seinem Tode, der am 24. Oktober 1601 erfolgte, und zwar plötzlich, nachdem er noch einige Stunden vorher in einer Versammlung des Provinzialrates den Vorsitz geführt hatte.
das Ende der Rollinger Herrschaft im Eischtal
aus dem Tageblatt 09.09. 1943
Ihr Name gehört nur mehr der Geschichte an.
Von den Nachkommen des Franz-Ernst ist urkundlich wenig bekannt: berichtet kann nur über Lothar-Friedrich und Johann-Philipp werden.
Lothar-Friedrich kam in den Besitz der Erbmarschallswürde. Der Verlust ihrer sämtlichen Familiengüter im Eischtal ließ die Herren von Rollingen nicht schlafen; auch ging Lothar-Friedrich mit dem Gedanken um, die Herrschaft Simmern wieder in seinen Besitz zu bringen. Zu diesem Zwecke pflog er mit Thomas de Marchant Unterhandlungen, die jedoch erfolglos blieben.
Hierauf richtete er sein Augenmerk auf ein anderes Familiengut, auf das von Körich. Am 22. Dezember 1714 kaufte er von seinem Vetter Johann-Ernst von Rollingen sämtliche Rechte auf Körich. Bevor es ihm aber gelang, benannte Herrschaft wieder einzulösen, hatte er mit der gräflichen Familie von .Suys, der Pfandinhaberin, von Körich, verschiedene Prozesse zu führen, die zu seinen Ungunsten aus- fielen. Unterdessen geschah es, dass sämtliche Pfandrechte auf die Herrschaft Körich der Gräfin von Lagnasko, einer geborenen Wallenstein und' Rechtsnachfolgerin der Gräfin von Suys. zu erkannt wurden. Mit dieser Dame setzte sich nun Lothai- Friedrich in Verbindung, was zur Folge hatte, dass die Gräfin von Lagnasko ihm, am 1. Dezember 1722, alle ihre Rechte auf die Herrschaft Körich verkaufte. Von diesem Augenblick an führte der Rollinger Herr auch den Titel "Herr von Körich". Lothar-Friedrich starb zu Mecheln. Seine Gemahlin ließ ein Inventar über die Aktiva und Passiva der Hinterlassenschaft ihres Gatten durch den hoch- würdigen Johann-Franz Dethier, Schloßkaplan zu Körich und Sekretär des verstorbenen Lothar Friedrich, aufstellen.
Maria Theresia Knebel von Katzenellenbogen und deren Bruder, Vormünder der noch minder- jährigen Kinder Johann-Philips von Rollingen, nahm das Vermächtnis der Herrschaft Körich nur unter Vorbehalt an. Nachdem die Bilanz der Hinterlassenschaft durch den kurmainzischen Regierungssekretär Peter Matthäi und den Advokaten Delahaye, welche die beiderseitigen Vormünder mit dieser Angelegenheit betraut hatten, aufgestellt worden war, erkannte man, dass die Schulden gewaltig angewachsen waren, und man zur Tilgung derselben gezwungen sei, Körich zu verkaufen. Dies geschah denn auch wirklich am 4. Mai 1739, wo die Herrschaft mit allen Dependenzien und Rechten für die Summe von 25 000 Talern auf den Freiherrn und nachmaligen Grafen Lambert- Josef de Marchant, Herrn zu Ansemburg, überging.
So verlor das Haus Rollingen sein letztes Familiengut im Eischtal.
. So endete die Rollinger Herrschaft im Herzogtum Luxemburg. Obgleich die letzten Abkömmlinge dieser altadligen Familie nun im Auslande wohnten, so hing ihr Herz doch noch immer an ihren früheren schönen Besitzungen im Eischtal. Besonders schmerzte sie der Verlust von Simmern, wo ihre Ahnen drei Jahrhunderte geherrscht hat- ten. Noch im Jahre 1743 erhob Maria-Theresia Knebel von Katzenellenbogen Ansprüche auf den Rollinger Teil von Simmern. Aber der Freiherr Lambert-Josef de Marchant d'Ansembourg, der damalige Besitzer dieses Teiles, legte ihr eine Urkunde vor, in der Lothar-Friedrich Verzicht auf den benannten Teil geleistet hätte. Maria-Theresia stellte die' Authentizität der Urkunde in Zweifel und strengte einen Prozess an, der fünf Jahre dauerte. Der Ausgang desselben war, dass der Herr von Ansemburg im Besitze des Rollinger Teiles der Herrschaft Simmefn blieb. Das andere Viertel der Herrschaft Simmern aus dem Hause von Rollingen war schon längst auf dasjenige von Pallant übergegangen. So verschwand die Familie von Rollingen auf immer aus dem Eischtal, und ihr Name gehörte nur mehr der Geschichte an. M. G. i
aus dem Luxemburger Wort 08.10. 1943
Der Prozess wegen der Doppelherrschaft Körich.
In der Pfarrkirche zu Körich fand Peter Ernst von Rollingen, dessen Familie eine große Rolle im Eischtal spielte, neben den Gebeinen seiner Gemahlin Anna von Pallant seine letzte Ruhestätte. Dessen Vater Jakob IL, fügte zu den bedeutendsten Besitzungen, die er geerbt hatte, die Herrschaft Körich hinzu. Körich bildete eine Doppelherrschaft: das Grewenschloß mit seinem Zubehör und das sogenannte Fockengut, dessen herrschaftliche Wohnung, mit Ausnahme der Fundamente, gänzlich verschwunden ist. Im Jahre 1580 erwarb Jakob II. durch Kauf die Grewenherr schaft von Johann von Landscheid und dessen Gemahlin Margareta von Elter. Kaum aber hatte der neue Schlossherr Besitz von dieser Landschaft genommen, als er wegen der Ausübung der hohen Gerichtsbarkeit in Streit geriet mit Dietrich-Georg Fock von Hübingen, dem Inhaber des Fockengutes, dessen Lehnsherren damals die Criechinger von Simmern waren und das auch in mancher Hinsicht von den Herren des Grewenschlosses abhängig war. Es entstand dar aus ein Prozess, der vor dem Obergerichtshof zu Mecheln anhängig gemacht wurde. Der Urteilsspruch, dem sich beide Parteien zu unterwerfen - hatten, erfolgte am 17. Mai 1582. Unterdessen war Dietrich-Georg Fock gestorben und seine beiden Töchter Barbara und Klaudia teilten sich in die Hinterlassenschaft ihres Vaters, so dass eine jede von ihnen die Hälfte des Fockengutes erhielt. Gegen eine Summe von 16 000 Lothringer Franken überließ der Gemahl Barbaras dem Jakob von Rollingen seinen Anteil, der jedoch zwei Jahre Später durch Kauf auf Ludwig von Nassau, Klaudias Gemahl, überging, so dass dieser von nun an Alleinbesitzer des Fokkengutes war. Damit nun hinfüro keiner der beiden Schloßherren in die Rechte des anderen eingreife, kamen dieselben unter sich überein, ihre gegenseitigen Rechte und Pflichte ein für alle Mal zu bestimmen. Es geschah dies am 2. August 1601 durch einen auf Grewenschloß von beiden Parteien unterzeichneten Akt.
Quelle: www.eluxemburgensia.lu