Neues Leben in alten Gemäuern
„Käercher Schlassfrënn“ sehen Aufwertung des „Gréiveschlass“ positiv entgegen
2014/2015 soll die Schlossruine für die Öffentlichkeit begehbar sein
Luxemburger Wort Samstag, den 20. April 2013
V O N N A D J A R A F A L S K I
Die Ruine des Wasserschlosses in Koerich, zu Füßen der eindrucksvollen Barockkirche, ist eines der bekanntesten Aushängeschilder der beschaulichen Westgemeinde. Die Vereinigung „Käercher Schlassfrënn“ hat sich seit ihrer Gründung im Jahre 1993 dem Erhalt des historischen Gemäuers im Dorfzentrum verschrieben. Neben der Renovierung der bestehenden Struktur setzen sie sich für eine kulturelle Nutzung ein. Entsprechende Pläne, wie das umgesetzt werden soll, wurden kürzlich in der Generalversammlung von der Architektin Tatjana Fabeck vorgestellt. Mit Fußgängerbrücken soll die Ruine für die Öffentlichkeit begehbar werden und das Schloss ab dem Jahre 2014/2015 wieder mit Leben erfüllt werden.
„Das Schloss mitten im Dorfzentrum gehört für die Koericher einfach dazu. Es ist Teil ihres Alltags, und doch liegt es, selbst wenn sie jeden Tag an ihm vorbeilaufen und auf es blicken, ein wenig abseits“, erklärt Georges Simon, Präsident der „Käercher Schlassfrënn“. Geht es nach ihnen, soll sich das so schnell wie möglich ändern. Das Schloss soll, wenngleich es aus Kostengründen nicht wieder aufgebaut wird, doch wieder begehbarer kultureller Mittelpunkt sein und nicht nur Kulisse.
Bei dem Schloss, das eingebettet ist in dem kleinen Tal des Goeblingerbaches, handelt es sich um eine typische Tieflandburg, da sie nicht wie viele andere Burgen oder Schlösser auf einer natürlichen Anhöhe errichtet wurde. Mit dem weithin sichtbaren Wehrturm und den massiven Außenmauern bildet das Schloss zusammen mit der Barockkirche und dem Dorfkern von Koerich eine bemerkenswerte Kulisse.
Mittels Fußgängerrampen, die, ohne die eigentliche Bausubstanz zu beeinträchtigen, installiert werden, soll die Ruine für Besucher wieder begehbar und erlebbar gemacht werden. Der Zugang wird damit auch für Personen mit eingeschränkter Mobilität möglich. Ein kleiner Restaurationsbetrieb, quasi eine in Glas gehaltene „Brasserie im hinteren Bereich,soll das Konzept abrunden und das fast 700 Jahre alte Gebäude zu einem kulturellen Anziehungspunkt machen.
„Neusten archäologischen Erkenntnissen zufolge war es Godfrid II., Herr von Koerich, von Bertringen und oberster Ritterrichter der Grafschaft Luxemburg, der um 1338 die erste Wasserburg in Koerich erbauen ließ“, erklärt Georges Simon.
Zuvor war man immer davon ausgegangen, dass das Schloss wesentlich älter sei.
„Hexenturm“ als eine von vielen Attraktionen
Der große rechteckige Wohnturm an der Ostseite der Burg gehörte bereits zu dieser ersten Anlage. Im Volksmund oftmals auch als „Hexenturm" bekannt (tatsächlich haben im 17. Jahrhundert hier wirklich Hexenprozesse stattgefunden), wurde der Turm wie auch die Außenmauern im spätromanischen Stil erbaut. Mit einem Grundriss von zwölf mal 11,6 Meter und einer Mauerdicke von drei bis dreieinhalb Metern gehört der Burgfried, dessen Originalhöhe auf einst bis zu 30 Meter geschätzt wurde, zu den mächtigsten Schlosstürmen der Westregion. Zum Teil erhalten und gut zu sehen ist eine in Stein gemauerte Rundtreppe im oberen Turmabschnitt. „Hier soll laut Plänen der Architektin eine Wendeltreppe in den oberen Bereich des Turmes führen und somit den Besuchern einen Eindruck vom Inneren des Turmes vermitteln, ihnen aber auch einen Panoramablick über die gesamte Schlossanlage geben, die eine bewegte Geschichte hinter sich hat“, so Georges Simon.
Um das Jahr 1481 erfolgte unter Schiltz II. von Elter ein erster Umbautes herrschaftlichen Bereiches der Burganlage in gotischem Stil. Im Zuge dieser Arbeiten wurde das lange rechteckige Palas-Gebäude errichtet. Ende des 16. Jahrhunderts unternahm der neue Besitzer, Jacques II. de Ravil- le, Umbauarbeiten im Renaissancestil. Unter Ravilles Anleitung entstand ein feudaler Herren- sitz mit repräsentativen Schloss- bauten: dem Palas, dem großen Treppenhaus, einer Kapelle sowie den zwei rechtwinkligen Türmen in der Südfassade. Heute steht nur noch der Süd-West-Turm. Im Erdgeschoss befindet sich eine dem heiligen Michael geweihte Kapelle, die dem Turm auch die Bezeichnung „Kapellenturm“ ein- brachte. Im ersten Stockwerk war , so nimmt man an, die Kammer der Wachmannschaft untergebracht. Von dem einstigen Prunk zeugen heute nur noch der Kamin des ersten Stockwerkes aus dem Jahre 1585 sowie die großen Fensteröffnungen.-
Das Koericher „Gréiveschlass“: Gelb eingefärbt sind die geplanten Ergänzungen, die im Rahmen der Aufwertung der Ruine geplant sind. (ILLUSTRATION: FABECK ARCHITECTES)
Um 1728 erfolgte ein Umbau des Schlosses im Barockstil. Dieser Bereich soll durch eine variable Bühne für zahlreiche kulturelle Aktivitäten nutzbar sein, wie Open-Air-Ausstellungen, Theater oder auch Konzerte.
Den Beinamen „Gréiveschlass“ verdankt das Koericher Schloss dem Freiherr Lambert-Joseph von Marchant und Ansemburg, Herr zu Körich, welcher am 1. Oktober 1749 durch Kaiserin Maria-Theresia in den Grafenstand erhoben wurde. Mitte des 18. Jahrhunderts verließen die Burgherren das zum Teil schon baufällige Schloss, das aber weiterhin bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Bauernhof genutzt wurde. Mangels Unterhalts- arbeiten wurde das Schloss schließlich unbewohnbar. Der letzte private Besitzer, Pierre Flammang, unternahm ab 1950 verschiedene bauliche Sicherungsarbeiten, um dem Verfall Einhalt zu gebieten. Heute gehört das Schloss dem Luxemburger Staat.
Im September dieses Jahres soll der Startschuss zu den Arbeiten fallen, kurz vor dem großen Mittelalterfest „Tempus mediaevale“. Diese Arbeiten sollen schätzungs- weise bis zu zwei Jahren dauern.
Einen Eindruck über das Schloss kann man sich aber bereits anlässlich der „Kulturnuecht am Westen“ am Samstag, dem 4. Mai, verschaffen, wenn das Schloss wieder für Besuchergruppen geöffnet sein wird und Mitarbeiter vom „Service des sites et monuments nationaux“ durch die Anlage führen.