Gréiweschlass und Koerich im Jahre 1949
BRIEF AUS KOERICH
im Tageblatt 1949- 08- 27
Körich es ist eigentlich eine banale Feststellung ist eine der ältesten Ortschaften des Landes, Gerade wie Simmern stand sie während rund 800 Jahren als Hörigengengemeinde im Dienste mächtiger Herrschaften. Bis heute haben beide noch ihren mittelalterlichen Charakter behalten. In einer Talmulde eingeschlossen wird es nach Norden, durch den mächtigen „Herrenbusch" beschützt, der für alle Konstruktionen das Holz lieferte; zu den andern drei Seiten dehnen sich fruchtbare Felder aus. Das GrevenschloB (GrafenschloB), das einer bekannten Sage gemäß auch SigfriedsschloB genannt wird, soll aus dem X. Jahrhundert stammen. Es handelt sich um eine Tiefburg wie die von Pettingen und Autel-Pas. Anfangs bildete dieses Schloss ein einfaches Quadrat mit einem zweiteiligen Innenhof. Es war umgeben von 3 Meter dicken und 15–20 Meter hohen Mauern. Der Diensthof begriff den Burgfried, ̃ auch..Hexenturm" genannt, die Stalle und Nebengebäude, der Haupt Hof die Wohnräume der Burgherrn und die Michelskapelle. Der Burgfried, der 12 Meter im Geviert hat, überragte den ganzen Bau. Die Dicke seiner Mauern beträgt 3 Meter. Seine ursprüngliche Hohe lässt sich nicht mehr bestimmen, da der obere Teil längsten abgetragen ist. Das Eingangstor war mit einem schweren Fallgitter versehen. Ein Wassergraben von 10-1Z Meter umgab das Schloss. Die Eingangstüre zum Turm befindet sich fünf Meter über dem Boden und konnte nur vermittelst einer Leiter oder Fallbrücke erreicht werden. Wenn die Frösche anfingen zu quaken, mussten jede Nacht eine Anzahl Hörige aus Kôrich und Umgebung bis zum Morgengrauen mit Ruten ins Wasser schlagen, damit die Herrschaft schlafen konnte. Zum Schlosse selbst gelangte man nur über eine schmale Zugbrücke. Von 1303 an wurde die damalige Burg noch etwa viermal umgebaut und zu einem Luxusschloss umgewandelt. In den jetzigen Ruinen, die augenblicklich von Staats wegen die notwendigsten Reparaturen erhalten, und die dem Herrn Baron de Wykersloth aus Bruxelles gehören, ist leider-, außer über den» Eingangsportal, die sich befindliche Jahreszahl 1303 und das über der Kapelle sieh befindliche monumentale Kamin mit der Jahreszahl 1585, nichts Bemerkenswertes mehr zu sehen. Das Schloss bleibt trotzdem ein Charakteristikum des Eischtals. Eine Beschreibung des Schlosses finden wir in den alten Archiven. unterm Datum vom • 24. April 1765 und die, «anscheinend aus finanziellen Gründen, von dem Mayern, Schöffen und Dorfaltesten aufgestellt worden und die folgendermaßen beginnt: Erstlich ist Gravenschloss gelegen im Dorf Koerig, zwischen dem Wasser und dem gemeinen Weg, in Ort, in der stehing genannt, ziemlich der Sonnen genießend, ist ringsherum. mit einer ungleich grösser und hoher Mauer von 12, 15, 20 und auch bis auf 30 lambertinischen Schuhe in die hohe umgeben; errmelt Mauer ist alt und in vielen Örtern baufellig, in etlichen auch erneuert; ermelte um gemelten schloss Vorhof rings herum gemessen, inhaltet 1350 lambertinische Schuhe in die lange usw. (1 lambertinischer schuh ist 0,32484 Meter). Das Schloss war noch sehr gut erhalten, doch in seinem Äußern vernachlässigten. Bis vor kurzem, wie schon mitgeteilt, befanden sich diese Archive die nicht allein wichtig für die Koericher Geschichte, sondern für eine größere Anzahl Ortschaften unseres Landes sind. wie u. a. Colpach, EU usw. im Besitze des Herrn Fernand von Guirsçh, der sie dem Arloner Archiv nicht, wie wir irrtümlicher Weise berichtet, geschenkt, sondern zur Aufstellung und Veröffentlichung eines genauen Inventars, zur Verfügung gestellt hat. Sie können auch im dortigen Lesesaal konsultiert werden. Von einem zweiten Schloss, von dem gegen 1266 die Rede geht, und das gänzlich verschwunden ist, fand man vor dem Kriege Grundmauern, als dort ein Haus errichtet wurde. Es hieß FockenschloB, an das heute noch der ,,Fockegârd" erinnert. Da es einige Zeit im Besitz der Herren von Nassau-Vianden war, wurde es auch Nassauer Schlass genannt. Deren Wappen waren dieselben wie die unseres großherzoglichen Hauses. Nach und nach entstand in Korich eine größere Siedlung so schnell man des Morastes Herr wurde. Trotz allem haben heute noch verschiedene Straßen etwas Morastiges an sich, was übrigens die höheren, dort gelegenen Häuser erkennen lassen. Nicht zu vergessen ist die monumentale Kirche, die einen großen architektonischen Wert hat. Besichtigens wert ist das .sogenannte ,,Biwesch Haus, das von dem Schnitzer meister Frédéric K Biver aus Koerich- im Jahre 1753 erbaut wurde und von ihm selbst seine Inneneinrichtung erhielt. Auch das Dach, das Gesimse, sowie die große mit einem Schutzdach versehene Öffnung zum Getreide einholen ist seine Arbeit. Das Haus ist augenblicklich von der Familie Henn bewohnt. Zu erwähnen bleibt noch, das Biver mit einem gewissen André Doyé aus Diekirch fast das gesamte Mobiliar herstellten. dass sie in schwerer Arbeit den harten knorrigen Eichen Stämmen der heimatlichen Wälder Mit Beil und Schnitzmesser abkämpfen mussten, um ihnen Leben und graziöses Beschwingtheit zu verleihen. Sie taten es auch in einer so originellen Weise, dass ihrer Arbeit der Wert einer schöpferische» Leistung nicht abgesprochen werden kann. So wie die zähen Eichen des "Herrenbusçhes" ist auch die Bevölkerung zäh und bodenstündig, was mit sich bringt, dass man dort verhältnismäßig alle Leute in größerer Zahl wie in den Nachbarortschaften antrifft. Vor kurzem wurde wieder eine dieser Ältesten Personen zu Grabe getragen, Frau Witwe Haller-Kap, im Alter. von 75 Jahren Vor 1 1/2 Jahren ging ihr Ehegatte, Privat Förster beim Herrn Baron de Wykesloth, ihr im Tode voraus. 14 Kindern hatte sie das Leben geschenkt, von denen dreizehn an ihrer Bahre trauerten, Mit ihrem Ehegatten verschwand der letzte Privat Forster der Gegend. Um die Jahrhundertwende zahlte die Gegend noch sechs Förster einen Österreicher, namens Cheggar, im belgischen Sterpenich bei H. Conte de Berlaymont, H, Gelz, in Steinfort-Schwarzenhof, bei der Familie Collart. der ebenfalls vor einigen Jahren aus dem Leben geschieden ist, sowie H. Haler; sodann die drei jüngeren Staatsförster in Schweich, Hobscheid und Koerich. Wenn diese sechs gelegentlich gemütlich, nach getaner Arbeit, zusammen saßen-, -und mit ihren Schokings, munter drauf losqualmten, übertrumpfte das Försterlatein bei weitem den Schockingsrauçh. Da zur Römerzeit in Koerich; wie schon erwähnt, sich ein kleines Kastell befand, das die Verbindung mit der großen Heerstraße Reims-Trier in Steinfort über ein ,,diver ticulum", einen Seitenweg, fuhrt*. Alte Namen scheinen .heute noch darauf zu deuten. Von Gôblingen nach Koerich geht der ..Stengerches Wé"; der ,,Weide Wé". Wo der Bach sich hinzieht, in der Nähe der Burgruine, heisst der Ort ,,am Furt". Dort befand sich, ebenso wie in Steinfort, eine steinerne Furt, die zur andern Seite über den ,,Sténesch Wé" nach Hagen und Steinfort hinführte. Stengerches Wé und Sténesçh Wé bedeuten wohl dasselbe und zeigen darauf hin, dass hier zur Römerzeit ein mit Steinen belegter Weg bestand. Zur Keltenzeit mag übrigens schon eine Siedlung in Koerich gewesen sein, da in der ,,Schockenhöhle", die auf dem Wege nach Windhof gelegen ist, Überreste eines kleinen Schmelzofens gefunden wurden. Ein anderer Weg verband Koerich mit Arlon, worauf zur Steinforter Seite hin beim ,,Fraschtenhof" der Name ,,Areler Grund" und etwas weiterhin die Bezeichnung ,,Areler Bierg" hinweisen. Der ,,Kie‘m'' Arlon-Steinfort wurde nach und nach verlassen und ersetzt durch diese Seitenwege, wie es auch links von der Strasse Steinfort-Arlon der Fall war und der Weg über Niederelter-Barnich-Sterpenich fuhrte Weshalb hat man übrigens unter Maria-Theresia die alte Römerstrasse nicht benutzt, was doch an manchen Stellen das Verschieben von Boden sowie das Anlegen von Schluchten durch harte Felswände vermieden hatte, da selber sich durch das Tal hinzog?
Eine andere interessante Wegebezeichnung erscheint uns noch erwähnenswert: "um Randlinger Wé". Dieser. im Laufe der Jahrzehnte teilweise zum Feldwege herab- gesunkene teils verschwundene Weg, da er links der Luxemburger Straße im Felde verläuft, hat des eigenartige Merkmal, dass er den Namen einer Ortschaft weiter tragt, die noch besteht, aber den Namen eingebüßt hat. Randlingen ist nämlich jener Hauser komplex, der bei Hagen rechts der Eisch gelegen ist und dessen Verbindung mit der Luxemburger Straße seine natürliche Fortsetzung im ,,Randlinger Wé" findet. Aus unserm Sagenschatz des Eischtales, des reichsten des ganzen Landes, da er über 200 Sagen enthält, die wir zusammengetragen haben von Küntzig bis nach Mersch, wollen wir einige interessante Spécimen bringen: (Bmr. Er enthalt genau dieselben Kapitel wie Gredt's Sagenschatz),
In Koerich befanden sich zwei Burschen des Nachmittags auf dem Felde und schnitten Hafer. Plötzlich sahen sie eine dicke, garstige Kröte vor sich, die immer von einer Seite zur andern sprang und sich stets in gleicher Entfernung von den Sicheln der Schnitter hielt. Keiner der beiden jungen Leute tat dem abscheulichen jungen Tier etwas zu Leide; nur zuweilen. wenn es sitzen blieb und die Schnitter mit seinen ekelhaften Augen anglotzte, neckte der jüngere der Bursche n, ein mutwilliger und unerschrockener Junge, das Tier. indem er sagte ,,Mou'ek, da! Mou'ck da!" ,,Lass die Kröte ruhig". sagte der andere. "Mit dem Tier da scheint nicht alles richtig zu sein, und du wirst noch für deine Neckereien büßen müssen!" ,,Ach was! Dummes Zeug! Was sollte ich von solch einem dummen Vieh zu befürchten haben!" entgegnete der andere und fuhr mit seinen Neckereien fort. Spät am Abend kehrten die Schnitter heim. Nach dem Abendessen begab sich jeder zu Bett. Nur der jüngere wollte nicht und zog es ausnahmsweise vor, auf dem Heuschober zu schlafen. Als er am andern Morgen erwachte, hatte er den Mund ganz auf der andern Seite. 'So scheußlich war das Gesicht des armen Burschen entstellt, dass man sich mit Ekel von ihm abwandte. Am sonderbarsten an der ganzen Sache war der Umstand, dafür der junge Mann nicht einmal sagen konnte. wie das alles gekommen war. Natürlich «prahlte der andere Schnitter nun, welches' Abenteuer sie tags zuvor mit der Kröte gehabt hatten. Kein Zweifel mehr, der Junge war verhext. Um diese Zeit wohnte zu Wormeldingen ein Klausner-. Diesen bat der Schnitter- um «Hilfe. Der: Klausner war. sogleich dazu bereit. Während er über den jungen Mann gebeugt war, trat eine .verschleierte Frau ins Zimmer, welche der "fromme Mann aufforderte dem Gesichte des unglücklichen jungen 'Bürschlein seine frühere Gestalt wiederzugeben. Nachdem dies geschehen war, fragte der Klausner den jungen Mann. ob er das Gesicht der verschleierten Frau sehen wolle es sei dieses Weib, die Kröte aus dem Haferfeld, die Hexe, die ihn so widerlich entstellt. und die hebe. herbeikommen müssen, um ihn von dem angehexten übel zu befreien. Der junge Mann aber, war froh, dafür das er geheilt war und verzichtete darauf, das Gesicht des verschleierten Weibe» zusehen, weil er fürchtete, es mochte eine bekannte Person aus seinem Dorfe sein.
Zu Koerich', in der Nähe des Schlosses. geht alle sieben Jahre ein weißes Pferd mit goldenem Sattel um. Das ist eine verwünschte Prinzessin, die nur dann erlöst wird, wenn ein Jüngling es besteigt und reitet. Schon oft hat ein braver Jüngling das Wagestück unternommen und das Pferd bestiegen; aber jedes Mal ist der Schimmel mit ihm auf Nimmer wieder- sehn davon geritten. Rein genug von ihnen ist keiner gewesen.
Ein Arbeiter kehrte einst zur Geisterstunde in Begleitung seines Hündchens von Koerich nach Hause zurück. Als er in die Nähe der Schlosswiese kam, sah er auf denselben einen hell erleuchteten geräumigen Tanzsaal. In der Mitte desselben stand eine sehr hohe Gestalt mit Bocksfüssen und mit einem langen braunen Überrock angetan. Diese .Gestalt schwang hoch in der Rechten ein goldenes Zepter und dirigierte damit die Bande der Musikanten, auf deren herrliche und wundersame Melodien eine unzählige Schar lustiger Gestalten sich' mit rasender Schnelligkeit im Saale herum bewegten. Bangen und Grausen ergriff unserm Mann beim 'Anblick dieses seltsamen Schauspiels. Er füllte seine beiden Taschen mit Steinen und suchte so schnell wie möglich fortzukommen. Als er an dem Tanz Saal vorbei war, gewahrte er, dass sein Hundchen ihm nicht nachgekommen war. Er schaute sich nach ihm um und sah, wie es neben dem Takteschläger im Tanzsaal stand und ihn anbellte. Der Mann mochte rufen, wie er wollte, sein Hündchen kam nicht. Erst, als er am andern Morgen aufstand und vor die Türe trat, sah er es auf der Türschwelle sitzen, aber ganz entstellt. Keine Spur von Haar war mehr an seinem Körper zu sehen
Quelle:www.eluxemburgensia.lu